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Sonntag, 25. Mai 2014

Kein Europa, kein Kommentar

Liebe "Front National"-Wähler in Frankreich!


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Liebe Grüße,

JC

P.S.: Mir wurde beigebracht: wenn man nicht's Gutes über Menschen sagen kann, sollte man am besten gar nichts sagen. Mehr brauche ich dazu wohl nicht zu sagen.


Dienstag, 29. April 2014

Die Liebe zu den Büchern: Kurzrezension: "Wie im Drehbuch!" von Jérôme Cantu...

Mal so nebenbei ;)



Eine fabelhafte neue Rezension zu meinem Buch "Wie im Drehbuch!" ist gerade erschienen.



Viel Spaß beim Lesen!



Die Liebe zu den Büchern: Kurzrezension: "Wie im Drehbuch!" von Jérôme Cantu...: Zum Buch Wie im Drehbuch! von Jérôme Cantu - Self Publishing - 198 Seiten

Montag, 24. März 2014

Flug MH 370: Das Scheitern der Moderne

Tafel der Angehörigen von Flug MH 370 - Quelle: t-online.de
Am 8. März 2014 verschwand der Malaysian Airlines Flug 370 mit Mann und Maus vom Radarschirm - und damit vom Angesicht dieser Welt. Bis heute ist das Schicksal der Boeing 777 mit ihren 239 Seelen an Bord ungeklärt. Allen Vorstellungen der modernen Überwachungswelt zum Trotz kann kein noch so versierter Experte mit Sicherheit sagen, ob die Familienangehörigen von Crew und Passagieren der Unglücksmaschine jemals erfahren werden, was an Bord schiefgegangen ist. Ein Kommentar.

Während ich diesen Artikel verfasse sitze ich in einem Hotel in Page, Arizona, vor einer malerischen Wüstenkulisse - dem Bundesstaat in den USA, in dem angehende Lufthansapiloten ihre ersten Erfahrungen im Alleinflug machen.
Zehn Tage zuvor, am 14. März, habe ich mit meinen Reisegefährten ein Flugzeug bestiegen, um den rund 13 stündigen Flug von Berlin nach San Francisco anzutreten. Das war genau fünf Tage, nachdem die Maschine der renommierten Malaysian Airways auf ihrem Flug von Kuala Lumpur nach Peking spurlos verschwunden ist. Sorgen gemacht habe ich mir nicht. Die Statistik sprach für uns. Rund 40.000 Passagierflugzeuge heben jeden Tag rund um den Globus von den Runways ab um Urlauber, Geschäftsleute und Transfergäste zu ihren angestrebten Reisezielen zu befördern. Eine Armee von Piloten, Fluglotsen, Ingenieuren, Administratoren und Kontrollbehörden arbeitet rund um die Uhr daran, den Status des Fliegens im Jahr 2014 als sicherstes Fortbewegungsmittel der Moderne zu erhalten. Zu dem Zeitpunkt, als das Bugrad unseres Airbus von der Startbahn abhob, galt es noch als höchst wahrscheinlich, dass ein terroristischer Anschlag für das Flugzeugunglück verantwortlich ist. Nach heutiger Sachlage ist diese Theorie kaum noch haltbar - was zu der Frage führt, wie es denn in drei Teufels Namen sein kann, dass ein Flugzeug samt Besatzung und Passagieren heutzutage einfach so von der Bildfläche verschwindet?

Lückenlose Überwachung? Ach, bitte!
Ich selbst bin kein Pilot - aber einer von tausenden passionierten Simulatorfliegern allein in Deutschland. Über 1000 Flugstunden habe ich schon zu Hause in meinem "Mini-Cockpit" verbracht, Flugpläne erstellt, versucht, die Physik des Fliegens zu verstehen, Instrumententafeln studiert und sogar Notfallprotokolle gelernt. Auch wenn ich noch nie am Steuerhorn einer echten Verkehrsmaschine gesessen habe, so ist mir mit der Zeit doch eines klar geworden: Eine lückenlose Überwachung des Flugverkehrs gibt es bis heute noch nicht. Das mag gerade die Menschen erstaunen, die berechtiger Weise anklagen, dass die Spionagesatelliten der NSA und anderer Bösewichte sogar Nummernschilder "aus dem Weltraum" lesen können. 
Dennoch sind in weiten Teilen dieser Erde die Lufträume kaum kontrolliert. Die endlosen Weiten des pazifischen und indischen Ozeans sind hier nur ein Beispiel. Auch bei einem Flug über Zentralafrika oder der Mongolei beschränkt sich die Überwachung der zum Teil spärlich gesäten Bodenkontrollen auf ein kurzes An- und Abmelden der jeweiligen Luftfahrzeuge. Die kontinuierliche Satellitenüberwachung von Verkehrsmaschinen ist zwar möglich, aber ein sehr teures Unterfangen, und die Airlines setzen lieber auf die technische Verbesserung der Unterhaltungsmedien an Bord als auf den Einbau eines Sicherheitsmoduls wie dem ADS-B-Signalgeber, der durchgängige Funksignale mit Kennung, Flugplan und Geschwindigkeit aussendet. Selbst nach dem Absturz der des Air-France-Airbus (AF 447) über dem Atlantik im Jahr 2009 wurde das System nicht flächendeckend eingeführt - die Kosten-Nutzen-Rechnung war einfach zu schlecht. Ein typisches Problem unserer Zeit: Möglich ist viel... wenn es jemand gibt, der es bezahlen kann, oder will.

Wir waren's nicht!
Auf eine höchst zynische Weise amüsiert hat mich die Reaktion der Taliban, die sich nach den andauernden Terrorvorwürfen genötigt sahen, eine offizielle Pressemitteilung zu dem Unglück zu verlautbaren. Ein Sprecher der Taliban, Zabihullah Mujahid, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: "Wir wünschten uns eine Gelegenheit, so ein Flugzeug zu entführen, aber das liegt außerhalb unserer Möglichkeiten. Es ist außerhalb von Afghanistan passiert und es ist offensichtlich, dass nicht einmal Länder mit fortschrittlichen Einrichtungen und Ausrüstung herauskriegen, wohin es geflogen ist." Heutzutage müssen sich die Terroristen anscheinend fast entschuldigen, wenn sie einmal für ein Unglück nicht verantwortlich gemacht werden können. Schöne neue Welt.
Und die beiden Männer mit den gefälschten Pässen? Nun, die beiden Iraner Puria Nurmohammadi und Sejed Mohammed Reza Delawar, so ihre "echten Namen" wollten nach neustem Kenntnisstand der Ermittlungsbehörden ihre gefälschten Identitäten nutzen, um in fremden Ländern ein neues Leben zu beginnen. Nurmohammadis Mutter, die zusammen mit dessen jüngerem Bruder in lebt Hamburg lebt, wollte ihren Sohn in Frankfurt am Flughafen abholen. Kurz zuvor hatte der den Quellen nach zufolge 19 jährige Mann noch Reisemitbringsel in einem Shoppingcenter in Kuala Lumpur gekauft. Selbst für die zum Teil verquer anmutende Denkweise von Topterroristen scheint das ein idiotischer Plan, wenn man vorhat, die Flugreise tödlich im Meer enden zu lassen.
Ansonsten reichen die Theorien über den Unglücksflug von einer desaströsen Kette technischen Versagens über Selbstmordabsichten des/der Piloten bis hin zur (wer hätt's gedacht?) Entführung durch Außerirdische. Ich persönlich glaube kaum, dass die grünen Männchen den Stress einer Weltraumreise auf sich genommen haben um eine malayische Passagiermaschine zu klauen. Ebensowenig plausibel klingt die Theorie vom Selbstmord: Zwar gibt es in der bisherigen Luftfahrtsgeschichte zwei umstrittene Fälle, in denen ein Pilot alle seine Fluggäste absichtlich mit in den Tod gerissen hat, aber jedes Mal crashte die Maschine unmittelbar nach dem Start. Welcher Selbstmörder, so verzweifelt er auch sein mag, lässt eine Maschine nach mehreren Kurswechseln über den Ozean fliegen, bis nach sieben Stunden endlich der Sprit ausgeht?

Kein Terror, keine Absicht, was war es dann?
Das ist die 1 Million Euro Frage, über die sich hunderte von Experten gerade die klugen Köpfe zerbrechen. Am wahrscheinlichsten gilt die Theorie eines Kabelbrandes unterhalb des Cockpits, der die Kommunikationssysteme und den Transponder ausgeschaltet hat und anschließend zu mehreren Kurzschlüssen und vermutlich einem Feuer an Bord geführt hat. Solch ein Szenario ist hochgefährlich, wenn auch extrem unwahrscheinlich. Innerhalb kürzester Zeit könnte sich das Cockpit mit Rauch gefüllt haben, so dass die Piloten nur noch sehr wenig Zeit zum reagieren hatten - wenn sie überhaupt noch etwas ausrichten konnten. Immer wieder wird in den Medien angeführt, dass der Co-Pilot Fariq Abdul Hamid, 27, erst im Februar seine Berechtigung erhielt, eine Boeing 777 zu fliegen, also quasi ein "Frischling" in dem Flugzeug war und demnach noch unerfahren. Ich möchte an dieser Stelle auf den Piloten Jeffrey B. Skiles verweisen, dessen schneller und effizienter Einsatz als Co-Pilot dazu geführt hat, dass Captain Sullenberger den US Airways Flug 1549 mehr oder weniger sanft auf dem Hudson River aufsetzen konnte. Skiles hatte erst ein paar Wochen vor dem Unglück seine Fluglizenz für den Airbus A320 erhalten, was dazu führte, dass er die Notfallprotokolle der Maschine fast auswendig beherrschte. Ohne sein frisch erlerntes Wissen hätte das "Miracle on the Hudson" vielleicht einen anderen Ausgang genommen.

No Closure? Ever?
Wenn man sich in die Schicksale der Menschen an Bord und deren Angehörigen hineinversetzt, läuft es einem kalt den Rücken herunter. Nicht nur, weil hier vermutlich 239 Menschen auf einen Schlag ihr Leben gelassen haben - sondern weil es vielleicht niemals möglich sein wird zu verstehen, was an Bord der Maschine wirklich passiert ist. Selbst wenn die Blackbox und der Voice Recorder in der unwirtlichen See der "Roaring Forties", wie die Seefahrer das Gebiet südlich des 40sten Breitengrades nennen, geborgen werden können, nimmt die Sprachaufzeichnung doch nur die letzten zwei Stunden vor dem endgültigen Absturz auf. Alles was davor geschah wird überschrieben. Zu diesem Zeitpunkt waren die Piloten aber vielleicht schon lange bewusstlos oder sogar tot. Die Blackbox gibt zwar Auskunft über Fluglage und Kurs, aber wenn die Maschine tatsächlich im indischen Ozean gefunden wird, kann das schon vorher errechnet werden. 
Im Englischen spricht man von "Closure", dem Abschluss, der einem bei der Bewältigung der Trauer hilft. Den Familien der Opfer wird diese endgültige Erkenntnis, was an Bord wirklich vor sich gegangen ist, vielleicht für immer verweigert werden - trotz aller technischen Errungenschaften und Hilfsmittel. Ein weiteres mal ist die Moderne an sich selbst gescheitert. Traurig, aber leider wahr.

Freitag, 28. Februar 2014

Earth 2.0 ≠ Human 2.0?

Grafische Darstellung des Kepler Weltraumteleskops

Vor ein paar Tagen hat die NASA offiziell bestätigt, dass mit Hilfe des Kepler Weltraumteleskops hunderte neuer Exoplaneten, das heißt Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, entdeckt wurden. Mit Hilfe neuer Berechnungsmethoden konnten bisher unbestätigte Entdeckungen nun verifiziert werden. Im ersten Moment klingt das nicht unbedingt spektakulär - noch kein aktives Funksignal geschweige denn grüne Männchen auf der Suche nach dem Erstkontakt. Dennoch ist diese Bestätigung der Wissenschaftswelt mehr als eine Fußnote, beweist sie doch, dass die Architektur unseres Sonnensystems keinesfalls ein Einzelfall ist - sondern vielmehr eine kosmische Alltäglichkeit.
Ein Gedankenspiel.

Seit meiner Kindheit fasziniert mich diese Welt außerhalb unserer Welt. Nicht genug, um tatsächlich Astrophysiker oder sprichwörtlich "Raketenwissenschaftler" zu werden, aber immerhin gehöre ich zu der seltenen Art Mann, der sowohl Star Wars als auch Star Wars mag und der tatsächlich mit stetigem Interesse die Fortschritte der "Weltraumwissenschaften" verfolgt. Waren sich während meiner Kindheit die Menschen noch sicher, dass das Entstehen intelligenten Lebens auf der Erde eine Verkettung völlig einzigartiger Umstände ist, so ist es heute für viele renommierte Wissenschaftler unvorstellbar, dass die Erde der einzig belebte Planet in diesem Universum ist. Ob es jedoch intelligentes extraterrestrisches Leben gibt, ist weiter stark umstritten.

Eine Frage der Statistik

Künstlerische Darstellung der
Kepler Aufnahmen -
Bildrechte bei astronomynow.com
Es sollte auch weiterhin umstritten bleiben, wenn man dem Weg der Wissenschaft folgen will. Dazu muss man sich vorstellen, wie momentan die beste Methode aussieht, in den Tiefen des Weltalls nach etwas Ausschau zu halten: Das Kepler Teleskop sendet jeden Tag Gigabyte-Weise Bilddaten an die Erde. Es misst minimale Unterschiede im abgestrahlten Licht weit entfernter Sterne. Aufgrund dieser Unterschiede kann errechnet werden, ob vor dem Stern ein planetarer Körper vorbeigezogen ist. 
Einfach ausgedrückt: Man stelle sich eine Sonnenfinsternis vor. Der Mond schiebt sich vor die Sonne, für einige Zeit blockiert er also einen Teil der Sonnenstrahlen. Genau diesen Effekt nimmt Kepler wahr - so er natürlich im "Blickfeld" des Teleskops liegt. Mit Hilfe periodischer Wiederholungen dieser "Sternfinsternis" können dann die Umlaufbahnen der planetaren Körper, mit Hilfe der "Verdunkelung" des Sterns kann die Masse eines Planeten bestimmt werden. Dies ist sicherlich eine stark vereinfachte Erklärung dieses wissenschaftlichen Prozesses, aber er veranschaulicht ganz gut, wie begrenzt die momentanen Mittel bisher noch sind, um andere Planeten unter die Lupe nehmen zu können. Wir schauen aus weiter ferne durch ein Fernglas und versuchen, eine Fliege vor einer Kerze zu erkennen...
Beobachtungsreichweite des
Kepler Teleskops -
Bildrechte bei spacewriter.com

Dennoch ist die Statistik auf der Seite der Träumer. Trotz allem Pessimismus der Anhänger des Fermi-Paradoxons und ähnlicher Theorien wird es immer wahrscheinlicher, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft Planeten entdecken, die man guten Gewissens "Earth 2.0" nennen kann. Und diese Vorstellung bringt es mit sich, dass man sich mal über ihre Konsequenzen Gedanken machen kann.

Das Gedankenspiel

Nehmen wir einmal an, dass wir in nächster Zeit so einen Planeten entdecken. Rund zehn Lichtjahre entfernt, aus astronomischer Sicht also quasi "in näherer Nachbarschaft". Der Planet liegt in der habitablen Zone eines Sterns, der unserer Sonne kaum ähnlicher sein könnte. Allen Anzeichen nach besitzt er eine stabile, sauerstoffreiche Atmosphäre, jede Menge Wasser, eine entsprechende Masse und Lebenszeit. Im wahrsten Sinne also eine Erde 2.0.
Die Wissenschaft wird groß teilig annehmen, dass auf diesem Exoplaneten Leben existiert. Wenn die uns bekannten biologischen und physikalischen Grundsätze für die Entstehung von Leben überall im Universum ihre Anwendung finden, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sich auf dieser fremden Welt Leben entwickelt hat.

Und was geschieht nun?

Es ist völlig unstrittig, dass uns die Erkenntnis von einer zweiten Erde momentan objektiv betrachtet noch nicht viel nützen würde. Selbst ein Planet, der "nur" zehn Lichtjahre entfernt ist, wäre völlig unerreichbar mit der heutigen Antriebstechnologie.

Als Beispiel: Die oben beschriebene zweite Erde ist 10 Lichtjahre entfernt, was rund 94,6 Billionen Kilometern entspricht. Diese Zahl muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 94.610.000.000.000 km. Die Raumsonde Voyager 1, das momentan am Weitesten von der Erde entfernte von Menschen gebaute Objekt, bringt immerhin rund 17 Kilometer pro Sekunde hinter sich. Das bedeutet, sie legt rund 536 Millionen Kilometer im Jahr zurück. Und trotzdem würde Voyager auf direktem Kurs rund 176.474 Jahre brauchen, bis sie am Ziel wäre.
Wenn man sich dann überlegt, dass die Zeitrechnung der Menschheit sich an einem Punkt orientiert, der gerade mal etwas mehr als 2.000 Jahre zurückliegt, kann einem Angesichts solcher Zahlenwerte schon mulmig werden.


Die Menschheit müsste sich immens weiterentwickeln, damit solche Planeten überhaupt in greifbare Nähe kommen. Der dafür nötige technologische Fortschritt liegt außerhalb unserer momentanen Vorstellungskraft. Aber vor Otto Lilienthal konnte sich auch noch kein Mensch vorstellen, dass die Menschheit jemals fliegen geschweige denn ins Weltall reisen könnte.
Doch nicht nur technologischer Fortschritt wäre nötig - sondern vor allem auch ein Sozialer.

Human 2.0?

Bringen wir dieses Gedankenexperiment zu Ende, indem wir uns vorstellen, die Menschheit von heute, mit all ihren verschwenderischen, verarmten, fanatischen, liberalen, anarchistischen und ordnungsliebenden Gruppierungen, findet diese zweite Erde - und ist in der Lage, sie innerhalb kurzer Zeit zu erreichen. 
Was würde geschehen?
Würden wir den Planeten als geschenkten Neuanfang für unsere heruntergewirtschaftete Erde sehen? Würden Staaten und Unternehmen sogleich ihre Claims abstecken und ohne Zögern anfangen, die Neue Welt auszubeuten - so, wie es in der Erdgeschichte nur allzu oft der Fall gewesen ist? Und was wäre, wenn wir auf Earth 2.0 tatsächlich Leben fänden? Würde das unsere Perspektive vom eigenen Dasein verändern?
Oder würde sich auch da die Geschichte der "Entdecker und Entdeckten" wiederholen?

Ich kann auf all diese Fragen hier natürlich keine Antwort geben. Das muss jeder für sich alleine tun.
Aber ich habe im Gefühl, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist, dass all diese Überlegungen bisher noch pure Science-Fiction sind.

Montag, 24. Februar 2014

What's App, People?!

Der Monat Februar brachte erneut die Debatte über ein Thema auf, dass anscheinend inzwischen zum Grundbedürfnis des modernen Menschen geworden ist: die Datensicherheit. Ausgelöst von der Übernahme von What'sApp durch Facebook und angeregt von Lobpreisungen revolutionärer, vermeintlich sicherer Messenger-Alternativen war die Medienumwelt erfüllt von mehr oder weniger informierten Diskussionen zum Datenschutz in einer Welt der globalen Vernetzung. 
Ein Kommentar.

Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Abend, der zwar schon viele Jahre zurückliegt, aber immer noch leichtes Herzklopfen bei mir auslöst, wenn ich jetzt daran denke. Ich war allein in meinem Zimmer, saß an meinem Schreibtisch und hatte ein großes Buch vor mir zu liegen. Ein großes, gelbes Buch: schwer, unhandlich und voller Zahlen. Daneben stand mein (Festnetz)Telefon - ich genoss als Jugendlicher den Luxus, einen eigenen Telefonanschluss im Zimmer zu haben.
Ich schlug also das Buch auf, wanderte zum richtigen Buchstaben und ratterte die Liste der Namen durch... Bis ich schließlich den passenden Eintrag fand. Es gab damals drei Menschen in Berlin mit dem Nachnamen, den ich suchte, aber nur eine Adresse zu der Telefonnummer war im richtigen Stadtteil. Jetzt hatte ich die richtige Nummer - nun musste ich nur noch den Mut finden, sie anzurufen.
Zur Erläuterung: Ich war damals heimlich, aber unsterblich in ein Mädchen aus meiner Parallelklasse verliebt. Wie in der besten High-School-Filmstory hatte sie mich zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch nicht einmal wahrgenommen. Da ich aber nicht wie einer der Loser aus eben genannten Filmen enden wollte, hatte ich beschlossen, mir ein Herz zu fassen, ihre Nummer herauszusuchen - und einfach anzurufen.

Ich hatte noch nie zuvor mit der jungen Dame ein Wort gewechselt. Alles, was ich wusste, war ihr Name. Und, aus welcher Richtung sie in etwa zur Schule kam. Keine fünf Minuten nach dem heimlichen Stibitzen des elterlichen Telefonbuchs hatte ich jede Information, die ich brauchte: Ich wusste, wie ihre Eltern hießen, wo sie wohnte und (natürlich) wie ich sie erreichen konnte.

Was ist heute anders?
Wenn ich heute über jemanden etwas herausfinden will, eröffnen sich mir schier endlose Möglichkeiten. Was die Google-Suche nicht ausspuckt, finde ich bei Facebook, Twitter, Xing, Linkedln, Google+, Stayfriends, Skype, What'sApp, Spotify, Instagram, auf privaten Webseiten, in öffentlichen Blogs und auf Online-Kontaktanzeigen. Wenn ich mir entsprechend Zeit nehmen würde, könnte ich zu jedem meiner Facebook-Freunde ein komplettes Dossier anfertigen. Ich wüsste dann vermutlich den Musikgeschmack, favorisierte Urlaubsorte, Lieblingsbars, geschätzte Filme und Bücher, wie niedlich die Haustiere sind und was die Kinder gerade wieder angestellt haben. 
Die Adresse und Telefonummer zu finden wäre vermutlich sogar am Schwierigsten - aber sicherlich möglich.

Die Angst
Für manche Menschen klingt das eben beschriebene gruselig. Sie fühlen sich gläsern, überwacht. Der empörte Aufschrei unter ihnen war groß, als Edward Snowden uns allen den Spiegel vorhielt. Als klar wurde, dass Amazon, Facebook, Google, Apple und Microsoft zu den größten Datenkraken zählen - ein Leben ohne deren Produkte und Dienstleistungen aber für westliche Menschen eine schwierige Aufgabe ist. Erneut wurde gewettert, als herauskam, wie lässig bei What'sApp mit den Nutzerdaten umgegangen wird, und der Widerstand mündete in hämischem Protest, als Facebook den Messengerdienst schließlich schluckte.
Was aber genau macht uns Angst daran, dass unsere Daten weitergegeben werden?
Im Grunde lässt sich diese Frage mit einer Aufzählung der grundsätzlichsten menschlichen Ängste beantworten: Die Angst vor dem Unbekannten; die Angst, keine Kontrolle mehr zu haben; die Angst, selbst kontrolliert und beeinflusst zu werden; und die Angst, dass jemand einem Leid antun könnte.
Selbstverständlich sind diese Ängste nicht unbegründet. Gerade für Menschen des öffentlichen Lebens ist es ratsam, eine kluge Online-Informationsstrategie zu haben - John Lennons Adresse war damals gut bekannt, auch er stand im Telefonbuch, und das Ende kennen wir alle.

Aber mal ehrlich
Wir anderen, wir einfachen, uninteressanten Menschen, die weder Popstars noch Terroristen oder Geheimagenten sind. Was passiert mit unseren Daten? 
Wir bekommen personalisierte Werbung. Wir bekommen Spam-Emails, hin und wieder einen Computervirus. Wir wissen, dass Vater Staat jederzeit herausfinden kann, wo wir uns befinden. Wir haben unser ausdrucksloses Gesicht biometrisch fotografieren  lassen, unter Umständen ist unser Fingerabdruck im Personalausweis gespeichert. Unabhängig davon, ob wir What'sApp, Threema oder BlaBla benutzen, wir sind bereits öffentlich. Wir sind auffindbar, erkennbar und registrierbar. Das kann einem gefallen oder nicht - ändern lässt sich daran nichts mehr. Weil wir es selbst so gewollt haben. Wir haben entschieden, dass uns die Verbindung in alle Welt wichtiger ist als unser persönlicher Datenschutz. Wir haben Facebook erschaffen - Herr Zuckerberg hat es nur programmiert. 
Seit mindestens hundert Jahren sind die Menschen in der westlichen Welt registriert und auffindbar, egal ob es durch die Meldebehörde oder das Telefonbuch ist. Oft genug wurde in der Geschichte damit Schindluder betrieben und das ein ums andere Mal wurde das System missbraucht, um die grässlichsten Verbrechen zu verüben.
Diese Verbrechen aber hat nicht das System verübt. Es waren die Menschen, die es missbraucht haben, die "Mitbürger", die tatenlos zugesehen haben, und die Hunderttausende, die nicht mehr in der Lage waren, selbstständig zu denken.

Das "gläserne Zeitalter" verstärkt die Verantwortung an den Menschen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Vielleicht ist es diese Verantwortung, die uns Angst macht. Die Löschung einer einzelnen App wird aber beides nicht mindern.
Wäre es daher nicht sinnvoller, sich über den Inhalt der Nachrichten Gedanken zu machen, die wir versenden, als uns darüber zu ärgern, dass jemand unseren Stuss mitlesen könnte?